Die NABU-Gruppe RSK (Rode-, Saeffel- und Kitschbachtal) hat eine „Kramkamer“ (nl) für den sehr selten gewordenen imposanten Käfer eingerichtet. Franz Oschmann stellt Art und Hilfsaktion
vor.
Der Hirschkäfer (Lucanus cervus), in den Niederlanden Vliegend Hert genannt, gehört zur Familie der Schröter (Lucanidae), von denen in Deutschland sieben Arten leben. Hirschkäfer
sind gemäß der europäischen FFH (Fauna-Flora-Habitat)-Richtlinie besonders streng geschützt.
Größter heimischer Käfer
Er ist einer der auffälligsten, beeindruckendsten sowie der größte heimische Käfer - vor allem aufgrund der großen hirschgeweihartigen
Oberkiefer (Mandibeln) der Männchen. Dieses „Geweih“ kann nicht zum Beißen oder Kauen verwendet werden
- die Käfer saugen oder lecken austretende Pflanzensäfte auf. Wenn zwei Männchen beim Paarungs- oder Kommentkampf aufeinandertreffen, wirft der Stärkere mit Hilfe der Mandibeln den Unterlegenen
auf den Rücken oder von einem Ast herunter.
Die Weibchen sind kleiner, haben einen schmaleren Kopf und „normal“ entwickelte Oberkiefer. Die Flügeldecken sind bei beiden dunkelbraun, Kopf und Halsschild schwarz, die Fühler in der Mitte
geknickt, am Ende verbreitert.
Die männlichen Käfer können je nach Nahrungsangebot 25 - 75 mm lang sein, die Weibchen maximal 40 mm.
5 bis 8 Jahre als Larve
Die Entwicklung vom Ei zum fertigen Käfer kann fünf bis acht Jahre dauern, da Holzzellulose sehr nährstoffarm ist. Im Frühjahr des letzten
Jahres kommt es zur Verpuppung der Larve in einer Verpuppungskammer im Holz oder Boden. Nach dem Schlüpfen braucht es noch rund drei Wochen, bis der Panzer ausgehärtet ist. Hirschkäfer leben
bevorzugt in alten Eichenwäldern, wo sie tagsüber an austretenden Baumsäften lecken. In der Dämmerung kann man sie auch fliegend antreffen und beobachten. Ihre Hauptflugzeit liegt zwischen Ende
Mai und Anfang August.
Ausgewachsene Käfer leben nur etwa einen Monat lang. Hirschkäfer gelten in der „Roten Liste bedrohter Tiere Deutschlands“ als stark gefährdet (Kategorie 2), weil ihnen - wie fast immer bei
bedrohten Tier- und Pflanzenarten - passender Lebensraum mehr und mehr entzogen wurde und wird: Totholz wird entfernt, fehlt; in einer intensiv forstwirtschaftlichen Waldnutzung wird das Holz
gefällter Eichen sofort verarbeitet; zunehmender Erholungs- und Verkehrsdruck tun das Übrige.
„Kramkamer“ angelegt
Da die Weibchen nach der Paarung rund 20 Eier bis zu 75 cm im Wurzelbereich toter oder kranker Bäume ablegen (müssen), fehlt - wie erklärt -
sich durch Pilzbefall zersetzendes (Eichen-) Totholz. Und genau hier versucht der NABU RSK anzusetzen, indem er durch den Bau eines künstlichen „Brutplatzes“ - einer so genannten „Kramkamer“ -
Voraussetzungen für eine Wiederansiedlung geschaffen hat: An einem nicht zu nassen, ab und zu sonnenbeschienenen Waldrand in Mindergangelt (übrigens bewusst nicht weit entfernt von einem Hohlweg
auf niederländischer Seite, wo interessanterweise in jedem Jahr bisher noch gesicherte Hirschkäferbestände beobachtet werden können) wurde mit Hilfe eines Baggers auf einer etwa 10 m² großen
Fläche eine 50 cm tiefe Grube in einen Hang gegraben, in kurzen Abständen dann etwa 1,50 lange Eichenpfähle senkrecht eingegraben, das gesamte Feld nun ungefähr 20 bis 30 cm hoch mit möglichst
schon von Rot- oder Weißfäule befallenen groben Eichenspänen, der Rest mit gehäckseltem Eichenmaterial aufgefüllt und abschließend mit Erde wieder abgedeckt. Jetzt bleibt nur abzuwarten, ob und
wann sich Hirschkäferweibchen aus der niederländischen Nachbarschaft ins „gemachte Nest“ setzen werden.