„Zur Wasserqualität würden die Landwirte im Kreis Heinsberg einen enormen Beitrag durch ihren verantwortungsvollen Umgang mit Wasser und Boden leisten“, so die Aussage von Bernhard Conzen von der Kreisbauernschaft. Die Wirklichkeit sieht leider anders aus.
Wenn im Frühjahr die Gülle auf den Feldern ausgebracht wird, dann freut sich der Bauer, denn sie ist ein hochwertiger und billiger Wirtschaftsdünger. Das wässerige Kot-Urin-Gemisch enthält Stickstoff (N), Phosphor (P) und Kali (K), die die Fruchtbarkeit des Ackers erhöhen.
Gülle ersetzt den teuren mineralischen NPK-Dünger oder Volldünger aus dem Agrarhandel. Doch Georg Wichert, Geschäftsführer des Verbandswasserwerks Gangelt (VWG), Geilenkirchen, wird dann hochgradig nervös. Denn «unkontrollierbar» seien die Lieferungen des Wirtschaftsdüngers, der aus niederländischen Ställen stamme, sagt er.
Lasche Kontrollen
«Die Kontrollen bei uns sind viel zu lasch.» Derzeit muss im NRW-Landwirtschaftsministerium eine «tierseuchenrechtliche Genehmigung» für Klauentiergülle vom Erzeuger oder Auftraggeber eingeholt werden. Die Ausbringung mit Daten der Lieferung muss dann «spätestens vier Werktage vorher» dem dort zuständigen Veterinäramt schriftlich angezeigt werden.
Aber, meint Wichert auch mit Blick darauf, dass für den Transport etwa Spediteure aus Osteuropa eingeschaltet werden, «wir wissen teilweise nicht, was wirklich drin ist». Dass er den zunehmenden Gülle- und Klärschlamm-Tourismus aus den Niederlanden und Belgien beklagt, hat einen triftigen Grund: Die Nitrat-Belastung des Trinkwassers steigt seit Jahren.
«Wir liegen derzeit mit 17,4 Milligramm pro Liter (mg/l) noch deutlich unter dem amtlichen Grenzwert von 50 mg/l.» 1972 hat der hiesige Nitratwert erst bei 13,0 mg/l gelegen. «Die nächste Generation bekommt Probleme bei der Trinkwasserversorgung», befürchtet der VWG-Geschäftsführer. Das VWG beliefert 57.000 Einwohner.
Nitrat gehört zu den Hauptnährstoffen im Boden, wo es durch Mikroorganismen aus Luftstickstoff oder stickstoffhaltigen organischen Verbindungen gebildet wird. Problematisch können hohe Nitrat-Gehalte in pflanzlichen Nahrungsmitteln wie Spinat aus überdüngten Kulturen sein, da sich diese im menschlichen Verdauungstrakt zu Nitriten umwandeln können und diese mit den Aminen aus eiweißhaltigen Lebensmitteln wie Milchprodukten und Fleischwaren die krebsverdächtigen Nitrosamine bilden. Zu viel Nitrat im Trinkwasser kann für Säuglinge gefährlich sein.
Von 2006 auf 2008 habe sich, so beklagt Wichert, der Tiermist-Export aus den Niederlanden nach Deutschland auf 1,6 Millionen Tonnen verdoppelt - Zielort seien vorrangig die Grenzkreise. Erfasst worden seien aber hier nur die Mengen, für die amtliche «Vervoersbewijzen Dierlijke Mest» (VDM) vorgelegen hätten.
Was aber komme noch tagsüber und vor allen Dingen nachts schwarz über die Grenze, fragt Wichert. «Vieles wird nicht angemeldet.» Fakt sei, dass es in den letzten Jahren zu einer verstärkten Gülle- und Klärschlammaufbringung gekommen sei. «Bekannt ist, dass der vor zehn Jahren gefallene Niederschlag heute in unserem Grundwasser ankommt. Jeder kann sich ausrechnen, wie die Nitratwerte nach der derzeitigen Aufbringungsmenge in den nächsten Jahren aussehen werden.»
(Quelle: Aachener Zeitung, www.az-web.de)