Die Ansprüche der einzelnen Feldvogelarten sind vielfältig, lassen sich aber grob in zwei Gruppen einteilen: Es gibt Arten, die mitten in Acker-, Weide- und Wiesenflächen brüten (Kiebitz,
Feldlerche, Schafstelze, Wachtel u.a.) und in ihrem Lebensraum keine Gehölze benötigen. Andere Arten sind aber auf Feldgehölze, Hecken und Brachflächen mit einzelnen Büschen und Bäumen
angewiesen (Goldammer, Neuntöter, Dorngrasmücke, Bluthänfling, Turteltaube u.a.). Für eine artenreiche Feldflur ist also eine gewisse Strukturvielfalt notwendig.
viele Arten gefährdet
Betrachtet man die Rote Liste der bedrohten Vogelarten, so fällt der überproportionale Anteil der Feldvogel - bzw. Offenlandarten auf. Gerade der
Rückgang vieler Arten einer sogenannten „Normallandschaft“, zu der die landwirtschaftlich genutzten Bereiche wegen ihrer großflächigen Verbreitung zählen, ist alarmierend.
Neben anderen Faktoren – bei Langstreckenziehern beispielsweise Gefahren während des Zuges und schlechter werdende Bedingungen im Überwinterungsgebiet – spielt die Nahrungsverfügbarkeit eine
große Rolle. Eine zunehmend ausgeräumte Landschaft mit wenigen Wildkräutern beherbergt auch wenige Insekten und andere Kleinlebewesen sowie wenige „Unkraut“-Samen.
Beides sind wichtige Nahrungsgrundlagen für eine Reihe von Vogelarten.
Aber auch die intensive Bearbeitung der Flächen und das frühe Ausmähen der unbefestigten Wege führt bei Bodenbrütern zu hohen Gelegeverlusten.
Wichtig zu wissen ist, dass die Rote Liste nicht einfach Arten in „selten“ oder „häufig“ einteilt. Vielmehr zeigt sie den Bestandstrend auf. Der prozentuale Rückgang oder auch die Zunahme
innerhalb der letzten 25 Jahre gibt dabei - neben weiteren Faktoren - den Ausschlag für den Gefährdungsgrad.
So kommt es zum Beispiel dazu, dass Vogelarten (Schwarzkehlchen, Blaukehlchen) von der Roten Liste gestrichen wurden, obwohl sie insgesamt immer noch selten sind (weniger als 3500-5000
Brutpaare in Deutschland), in jüngster Zeit aber eine deutliche Zunahme zu verzeichnen ist und auch neue Regionen und Lebensräume besiedelt werden. Andere Arten brüten noch mit 60.000 bis
100.000 Paaren in Deutschland (Rebhuhn, Kiebitz), gelten aber als stark gefährdet, weil sich innerhalb der letzten 25 Jahre ihr Bestand mehr als halbiert hat.
Brutvögel
Die Feldlerche trillert bei uns fast überall noch häufig, weil sie die weiten, ausgeräumten Ackerschläge bevorzugt. In kleinräumiger strukturierten Agrarlandschaften ist sie bereits stark
zurückgegangen und deshalb - neben weiteren im Kreis Heinberg noch häufigen (Türkentaube, Mehl- und Rauchschwalbe, Feldsperling) und mäßig häufigen (Schafstelze, Bluthänfling) Arten - auf die
Vorwarnliste gesetzt worden.
Nur wenigen Vogelarten des Feuchtgrünlandes ist es – wie sich jetzt abzeichnet, teilweise nur vorübergehend – erfolgreich gelungen, Ackerbewohner zu werden. Beispiele sind der Kiebitz und die
Schafstelze.
Besonders im März und April sind im Kreisgebiet die kunstvollen Balzflüge der Kiebitze über den noch kahlen Kartoffel-, Mais- und Rübenäckern zu sehen. Wer genau beobachtet, erkennt aber schon
eine starke Verinselung seiner oft kolonieartigen Brutplätze innerhalb der offenen Ackerlandschaft. Viele ehemalige Brutgebiete sind bereits geräumt. Die Erstgelege fallen fast vollständig der
Bodenbearbeitung zum Opfer. Auch scheinen Windkraftanlagen einen negativen Einfluss auf die Neubesiedlung zu haben.
Ein weiteres Beispiel ist die Schafstelze. Ehemals in nassen Wiesen zuhause, brütet sie im Kreis Heinsberg überwiegend in Kartoffeläckern und ist mittlerweile nach der Feldlerche der häufigste
Singvogel der weiträumigen, kahlen Ackerschläge.
Zum Zwecke der Jagd einst aus Asien eingeführt und seitdem gehegt, ist der Fasan die häufigste Hühnervogelart. Das Rebhuhn bildet im Vergleich zu anderen Regionen in NRW relativ stabile
Population auf niedrigem Niveau, was aber keinen Grund darstellt, wieder die Jagd darauf aufzunehmen. Der Bestand der Wachtel ist von Jahr zu Jahr stark schwankend und ihre Anwesenheit fast
ausschließlich an den „Pick-per-wick“-Rufen festzustellen. Die tatsächliche Brutpaarzahl ist schwer zu ermitteln, insgesamt kommt sie aber eher zerstreut vor.
Regelmäßig jagen Mäusebussarde und Turmfalken, seltener auch der Baumfalke im Offenland und versorgen mit der Beute ihren in den angrenzenden Wäldern und Feldgehölzen, bzw. in Gebäudenischen oder
Nisthilfen (Turmfalke) wartenden Nachwuchs. Wenn Feldgehölze, Hecken und Brach-flächen mit einzelnen Büschen und Bäumen die Feldflur strukturieren, brüten regelmäßig Goldammer, Dorngrasmücke,
Misteldrossel, Bluthänfling, Rabenkrähe und Ringeltaube - mittlerweile nur noch selten - auch die Turteltaube. Selbst bei ausreichendem Heckenangebot sind nicht alle „Gebüschvogelarten“ versorgt.
Arten wie dem Neuntöter, der nicht regelmäßig im Kreis brütet, fehlen in unseren intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen ganz einfach Großinsekten in ausreichender Zahl.
Mangels mehrjähriger Brachflächen mit Hochstauden, einzelnen Büschen und ver-filztem Gras, sind Feldschwirl und Sumpfrohrsänger in der Feldflur des Kreisgebietes fast verschwunden.
Ein weiterer Brutvogel, der kurz vor dem Verschwinden steht, ist die Grauammer. Nur ganz vereinzelt lässt sie ihre raue, klirrende „Zick – zick – zick – zick - zick -schnirps“-Strophe noch
erklingen.
rastende Zugvögel
Im August und September, sowie im April und Mai nutzen auch einige Arten, die im Kreis Heinsberg als Brutvogel entweder ausgestorben sind oder nur noch
unregelmäßig oder sehr selten brüten, die weite offene Agrarlandschaft als Durchzugs- und Rastgebiet. Regelmäßig sind dann Braunkehlchen und Steinschmätzer - oft während des Zuges
vergesellschaftet - sowie Rohrweihen und seltener auch Wiesenweihen zu sehen. Ebenso rasten, manchmal sogar in größeren Trupps, Wiesenpieper und Schafstelzen - darunter des öfteren auch die
nordische Rasse, die mittlerweile als Thunbergschafstelze in einen eigenen Artrang erhoben wurde.
Nach der Brutzeit streifen mitunter mehrere hundert Kiebitze und Stare in gemischten Schwärmen in der Feldflur umher und fallen auf den abgeernteten Äckern zur Rast und Nahrungssuche ein.
Auch Heringsmöwen besuchen zur Zugzeit regelmäßig frisch bearbeitete Flächen.
In manchen Jahren rasten, wie zuletzt im August 2006, einige Weißstörche in der Feldflur. Ungünstige Wetterlagen mit schlechter Thermik zwingen sie dann, am Boden zu bleiben und lassen sogar
ansonsten weniger an der Vogelkunde interessierte Spaziergänger für einen Augenblick innehalten und staunen. Auch Seltenheiten erfreuen während der Zugzeiten dann und wann den aufmerksamen
Vogelbeobachter in der Feldflur des Kreisgebietes und belohnen ihn für die vielen Stunden des vergeblichen Suchens. In den letzten Jahren konnten unter anderem Mornellregenpfeifer,
Regenbrachvogel, Kampf- und Alpenstrandläufer, Brach- und Rotkehlpieper, Ortolan sowie Schilf- und Seggenrohrsänger festgestellt werden. Vor allem im November und März können auch kleinere Trupps
Goldregenpfeifer durchziehen oder rasten. Die Zeiten, als noch Hunderte dieser Art in den Rurwiesen bei Brachelen rasteten, sind allerdings leider vorbei.
Wintervogelbestand
Unsere Region ist klimatisch noch vom Atlantik beeinflusst, was im Vergleich zu vielen anderen Gebieten Deutschlands recht milde Winter zur Folge hat.
Dies ist gut am Wintervogelbestand zu erkennen. Während weite Teile Deutschlands von Arten wie Kiebitz, Hohltaube und Star geräumt werden, überwintern diese regelmäßig in teilweise großen Zahlen
im Kreis Heinsberg. Auch Feldlerchen und Bachstelzen überwintern gelegentlich.
Ein typischer Wintervogel, der sonst nicht (mehr) bei uns zu sehen ist, ist die Kornweihe. Ihr flacher, gaukelnder Jagdflug ist bei fast jedem winterlich Spaziergang durch die weiten Agrarflächen
zu bewundern. Mehr Glück braucht man schon, um einen vorbeijagenden Merlin zu erhaschen, einen kleinen nordischen Falken, der die Weite liebt und Kleinvögel schlägt. Besonders im südlichen
Kreisgebiet fallen im Winter regelmäßig Saat- und Blässgänse zur Nahrungssuche auf Äckern und Wiesen ein. Regelmäßig an-zutreffen sind auch Sturm- und Lach-möwen, Ringeltauben sowie Dohlen und
Saatkrähen, die nun zahlreichen Zuzug aus nordöstlichen Gebieten bekommen haben.
Ausnahmsweise „schwappen“ auch mal arktische Singvögel wie Spornammer und Ohrenlerche - typische Wintergäste der Küstenregionen - etwas zu weit ins Binnenland. Als es in Osteuropa noch einen
guten Bestand der Großtrappe gab, waren während längerer Kälteperioden kleinere Einflüge in die weiten, ruhigen Ackerlandschaften der Erkelenzer Börde keine Seltenheit. Die Aussicht, diesen
imposanten Hühnervogel in baldiger Zukunft wieder im Kreis nachzuweisen, dürfte allerdings sehr gering sein.