Wildkräuter landen nicht nur auf dem Kompost sondern auch im Kochtopf. Beim Kräuterseminar im Mai 2002 in Haus Wildenrath bekam so manch verpöntes Unkraut einen ganz anderen
Stellenwert.
Was bitte ist ein Kräuterseminar???
Ein Survivalkurs? Gärtnertreffen? Botanische Theorie pauken? Zauberküche für Anfänger? Das haben sich im Vorfeld wohl die meisten gefragt. 12 Teilnehmer waren bereit, sich in die hohe Kunst des
„Neunkräutersuppekochens“ einführen zu lassen. Nachdem sich die hochmotivierten Kräuterhexen in spe bekannt gemacht und über Vorkenntnisse ausgetauscht hatten, wurden ihnen per Diaprojektion die
zu sammelnden Kräuter vorgestellt. Fundort, Verwendung, Geschichtliches sowie Anekdoten, Sprüche, Legenden und Vorsichtsmaßnahmen wurden dargestellt.
Dann bekam jeder Teilnehmer eine Karte mit einem Kraut und auf einem Rundgang über das Gelände wurden Standorte ausgekundschaftet und das sichere Erkennen und Bestimmen der Pflanzen geübt, dann
wurde losgesammelt. Ganz durchgefroren ging es zurück um Kräuter zu waschen und zu schnibbeln, zu tränenreichem Zwiebeln schneiden, Grünkernklößchen formen, Blättchen in heiße Kuvertüre tunken
und ganz wichtig, sich bei heißem, selbstgepflücktem Melissentee aufzuwärmen.
Das Ergebnis des Nachmittags konnte sich wirklich sehen lassen. Neunkräutersuppe mit Grünkernklößchen, Kräuterbutter (liebevoll garniert mit Löwenzahnblüten und Gänseblümchen) kleinen
Körnerbrötchen, Kräuter-Salat und zum Dessert Gundermann und Minze-Parfait (Blätter in Kuvertüre). Zu trinken gab es Tee und Holunderblütenlimonade. Der Tisch sah aus wie eine Blumenwiese und
duftete verführerisch. Nach all der Schnibbelei wurde mit viel Appetit geschmaust und nachdem die ersten Löwenzahnblüten verspeist worden waren, verschwanden auch die letzten Vorurteile. Auch
wenn meine Familie zuhause die Blümchen im Salat noch sehr argwöhnisch betrachtet, meine Beziehung zu "Unkräutern" hat sich verändert. Ich habe mich schon dabei ertappt, dass mir beim Anblick
einer Blumenwiese das Wasser im Mund zusammenläuft und freue mich schon auf das nächste Seminar.
Carina Schiffer
NABU Wegberg
Buch-Tipp:
„Delikatessen am Wegesrand“ weckt Interesse für Un-Kräuter, hilft beim Bestimmen derselben und bietet schmackhafte Rezepte mit Pflanzen, die die Urformen unserer Kulturpflanzen darstellen.
ISBN 3-7919-0616-X