Der Kreis Heinsberg ist mit nur 9,9 % Waldanteil einer der waldärmsten Kreise im Land Nordrhein-Westfalen. Im Bereich des Forstamtes Eschweiler, das den Kreis Heinsberg betreut, liegt der Waldanteil bei immerhin bei 12 %, was vor allem auf die großen Wälder in der Eifel zurückzuführen ist. Der geringe Anteil des Waldes im Kreis führte dazu, dass der Kreis Heinsberg eine der Regionen in NRW ist, in denen der Waldanteil nach dem Wunsch des Landes erhöht werden soll.
Die Verteilung der Wälder im Kreis Heinsberg ist sehr ungleichmäßig. In Gemeinden mit einem hohen Anteil an fruchtbaren Böden wie Erkelenz, Gangelt, Geilenkirchen, Heinsberg, Übach-Palenberg und
Waldfeucht liegt der Anteil des Waldes an der Gemeindefläche unter 10 %, im Extremfall in Erkelenz bei nur 1,6 % (Stand 1994). Die höchsten Waldanteile finden wir im Norden des Kreises Heinsberg,
wo Wälder entlang der Bäche und im Meinweggebiet etwa 1/3 bzw. 1/4 der Flächen von Wassenberg und Wegberg bedecken.
Anteil von Wald und landwirtschaftl. Nutzflächen im Kreis Heinsberg 1994 (LDS 1995)
Gemeinde | Katasterfläche[ha] | Waldfläche[%] | Landwirtschaftsfläche [%] |
Erkelenz | 11.737 | 1,6 % | 81,7 % |
Gangelt | 4.873 | 3,5 % | 78,1 % |
Geilenkirchen | 8.316 | 6,9 % | 71,9 % |
Heinsberg | 9.218 | 2,0 % | 75,0 % |
Hückelhoven | 6.125 | 10,9 % | 60,6 % |
Selfkant | 4.208 | 11,6 % | 72,4 % |
Übach-Palenberg | 2.610 | 6,1 % | 59,4 % |
Waldfeucht | 3.027 | 3,3 % | 79,9 % |
Wassenberg | 4.241 | 32,3 % | 44,8 % |
Wegberg | 8.433 | 27,2 % | 47,7 % |
Kreis Heinsberg | 62.789 | 9,9 % | 68,4 % |
Von den natürlichen Grundlagen her wäre fast ganz Mitteleuropa mit Wald bewachsen. Ausnahmen sind Flächen, die aufgrund der klimatischen oder Bodenverhältnisse keinen
Baumbewuchs zulassen wie die Küsten (Salzwasser), Moore und Hochgebirge. Außerdem sind heute Flächen aufgrund menschlicher Aktivitäten waldfrei. Dazu gehören aktuell landwirtschaftlich genutzte
Flächen, bebaute Flächen, Militärgebiete, aber auch früher landwirtschaftlich genutzte Flächen wie Heiden oder Magerrasen. Ohne menschliche Eingriffe würden auch diese nährstoffarmen Flächen
langfristig wieder zu Wald.
Nach dem Ende der letzten Eiszeit vor etwa 12.000 Jahren war Mitteleuropa waldfrei, da die Kälte das Existieren von Bäumen verhinderte. Mit dem Rückzug von Kälte und Eis kamen die ersten Gehölze
zurück. Zu den Pionieren gehörten Birken, Weiden und Kiefer, später kamen Hasel und Eiche, dann Linde, Ulme und Esche. Die Rotbuche kam um 2.500 v. Chr. als eine der letzten Baumarten zu uns. Und
als eine der erfolgreichsten. Ohne Waldwirtschaft wäre sie heute großflächig auf vielen Standorten vertreten. Nicht umsonst hat das Land NRW den Nationalpark Eifel auch aufgrund seiner Bedeutung
als Buchenwald unter Schutz gestellt. Die Ausbreitung von Tieren und Pflanzen nach der Eiszeit ist aber kein rein natürliches Phänomen. Seit mehreren Tausend Jahren trägt der Mensch aktiv zur
Verbreitung von Arten bei. Darunter sind viele Nutzpflanzen und es wird auch bei der Rotbuche angenommen.
Neben dem Wald breitete sich in Mitteleuropa aber auch der Mensch aus. Die Sesshaftigkeit zwang ihn dazu, dauerhaft produktive Flächen für den Nahrungserwerb zu schaffen: Äcker. Die heute
sichtbaren Ackerflächen liegen im Kreis Heinsberg zum überwiegenden Teil auf sehr fruchtbaren Böden. Waldflächen beschränken sich im wesent-lichen auf weniger fruchtbare oder feuchte Flächen. An
manchen Stellen finden sich darüber hinaus in diesen Wäldern Zeugnisse aus der Vergangenheit wie Burganlagen und Flachsrösten.
Auch weniger fruchtbare Böden wurden durch den Menschen stark gestört: in vielen heutigen Heideflächen wie dem Meinweg wurde durch Abplaggen, Waldweide und Holzeinschlag die dünne, obere
Bodenschicht teilweise entfernt und der Boden so stark ausgelaugt, dass sich dort eine neuartige Vegetation ausbreiten konnte: die Heide. Heute muss der Prozess des Entfernens von Nährstoffen und
Aufwuchs durch Beweidung oder andere Maßnahmen nach-geahmt werden, um die seltenen und aus heutiger Sicht wertvollen Tier- und Pflanzen-gesellschaften zu erhalten, z.B. in der Teverener Heide.
Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Wald- und Heideflächen im Kreis Heinsberg in den letzten 200 Jahren:
Wald und Heideflächen im Kreis Heinsberg (HFR 1989)
Angaben in ha | um 1820 | um 1900 | um 1980 |
Waldfläche | 7.523 | 7.869 | 6.490 |
Heidefläche | 3.427 | 438 | 278 |
Während es zwischen 1900 und 1980 zu einer Verringerung der Waldfläche im Kreis kam, stieg sie in den letzten Jahren leicht an. Ursachen sind neben einer 100 % Ausgleichspflicht von Wald bei
Beseitigung das Anpflanzen von Wald, teilweise auch eher nur kleinen Gehölzen, als Ausgleich für andere Eingriffe in Natur und Landschaft (Bau- und Gewerbegebiete, Straßen).
Waldarten
Im Kreis Heinsberg bestehen die Wälder zu etwa 59 % aus Laubholz, zu 41 % aus Nadelholz. Auch dabei gibt es große Unterschiede. Die großen Wälder im Norden und Süden des Kreises
(Meinweg, Teverener Heide) bestehen zu einem großen Teil aus angepflanzten Kiefern. Ein Grund dafür ist, dass Kiefern gut mit mageren Böden auskommen. Ein weiterer Grund ist, dass in Deutschland
nach den Weltkriegen gerade in den Grenzgebieten große Abholzungen als Reparationsleistungen erfolgten. Dies führte dazu, dass im Meinweg aus freiliegendem Sand regelrechte Wanderdünen entstanden
und die Arsbecker zeitweise jeden Morgen einen kleinen Sandhaufen vor der Tür hatten. Die Wälder wurden anfangs mit Kiefern begründet, da diese nach dem Krieg verfügbar waren. Wie man heute an
vielen alten Bäumen sieht, entsprach das damalige Pflanzgut nicht den hohen heutigen Anforderungen an Qualität und Wuchs.
Im Kreis Heinsberg gab es aber einen weiteren Grund für den Anbau von Kiefern: Kiefernholz wurde in großen Mengen von den Kohlezechen im Kreis benötigt.
Die Baumarten in unseren Wäldern verteilten sich im Kreis Heinsberg 1994 wie folgt (aus: Kreis Heinsberg 1994):
Laubholz 59 %
davon: Eiche 16 %
Buche 3 %
Sonst. Laubhölzer 40 %
Nadelholz 41 %
davon: Fichte 7 %
Kiefer 31 %
Sonst. Nadelhölzer 3 %
Wem gehört der Wald?
Der Wald im Kreis Heinsberg ist oftmals auf viele Eigentümer mit kleinen Flächen verteilt. 68,7 % der Wälder gehören Privatleuten, 16,9 % Gemeinden und Kreis Heinsberg, 3,7 % dem
Land Nordrhein-Westfalen und 10,7 % -größtenteils Militärflächen- dem Bund (Kreis Heinsberg 1994).
Was Ortsnamen verraten
Dass der Kreis Heinsberg eine waldreiche Vergangenheit hat, kann man anhand der vielen Orte nachvollziehen, die auf –rath enden. Dieses Grundwort geht auf das althochdeutsche Verb
riutjan, riuten, roden, zurück. Hier nur einige Orte (Gillessen 1993):
Braunsrath, Gerderath, Hastenrath, Overath, Tripsrath, Uetterath und…Wildenrath. Aber auch die Begriffe Busch, Holz und andere weisen auf eine vorherige Bewaldung der Siedlungsgebiete hin.
Auch kleine Wälder wie die zuletzt genannten haben eine hohe Bedeutung als Erholungsgebiete für die heimische Bevölkerung, aber auch als Rückzugsgebiet für Wild und viele andere Tierarten. Und natürlich zur Produktion von Holz als Brenn- und Werkstoff. Den Holzhunger des Kreises Heinsberg können unsere Wälder aber nicht decken. Nur 13 % des im Kreis verbrauchten Holzes können bei nachhaltiger Forstwirtschaft im Kreis produziert werden (von Wrede 1999), also ohne dass den Wäldern mehr Holz entnommen wird als nachwächst.
Michael Straube