Der NABU hat den Eisvogel zum Jahresvogel gewählt, um die Gefährdung dieser Art und des von ihr besiedelten Lebensraumes in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken. Hans-Georg Bommer
stellt ihn vor.
Der deutsche Name „Eisvogel“ steht im Zusammenhang mit den teilweise rotbraunen Farbtönen des Brust- und Bauchgefieders der Art, die der Farbe des Eisenoxyds (isarno = eisern) ähnelt. In früherer
Zeit, als das blauglänzende Eisen zur Herstellung von Schmuck verwendet wurde, ist der blauglänzende Vogel auch danach benannt worden. Noch früher wurde der Name vom Eis abgeleitet, da die Art im
Winter nicht selten an offenen Stellen im Eis angetroffen wurde. So heißt es in Conrad Gesners Vogelbuch von 1555, dass er sich im Winter an Bächen mit Eis aufhalte, „daher er auch seinen Nahmen
empfangen“.
Verwandtschaft und Status
Der Eisvogel gehört der Ordnung der Rackenvögel (Coraciiformes), der Familie der Eisvögel (Alcedinidae) und der Unterfamilie „Alcedininae“ an. Die vorgenannte Unterfamilie ist weltweit mit 6
Arten vertreten, in Europa brütet aber allein unser heimischer Eisvogel. Im Kreis Heinsberg sind bis heute keine weiteren Eisvogelarten, auch nicht als Irrgäste, festgestellt worden.
Die Nominatform des Eisvogels (Alcedo atthis, Unterart: ispida) ist Brutvogel in Niederungen und Mittelgebirgslagen, im nordwestlichen Mitteleuropa als Stand- und Jahresvogel, sonst Teilzieher
und nach Osten hin zunehmend Zugvogel (z.B. in Osteuropa).
Merkmale
Der Eisvogel gehört mit 16-17 cm Länge, einer Spannweite von 24-26 cm und einem Gewicht von 37-44 g zu den eher kleinen Vögeln in Deutschland (kaum mehr als sperlingsgroß). Beim Ansitz und im
Flug fällt er durch seine gedrungene, kurze Form mit großem Kopf und starkem Schnabel, sehr kurzem Schwanz und kurzen Flügeln auf. Nach seiner Färbung gilt er als einer der „Edelsteine“ in der
deutschen Vogelwelt. Die glänzend metallisch blaue und smaragdgrüne Oberseite steht im Kontrast zu rotbraunen Wangen und Unterseite sowie weißer Kehle und weißen Halsflecken. Beine und Füße sind
klein und leuchtend rot. Im Jugendkleid ist das Gefieder matter gefärbt und die Füße sind schwärzlich.
Männchen und Weibchen unterscheiden sich nur geringfügig im Aussehen. Beim Männchen ist der Unterschnabel ebenso wie der Oberschnabel ganz schwarz gefärbt. Beim Weibchen ist dagegen die Basis des
Unterschnabels orangerot.
Auffällig sind die Rufe – ein hoher durchdringender Pfiff „tiht“, der in Erregung schnell wiederholt wird. Die Balzstrophe – ein kurzer Triller von ähnlicher Klangfarbe – ist relativ selten zu
hören. Der Eisvogel ernährt sich hauptsächlich von kleinen Süßwasserfischen, daneben aber auch von Insekten und kleinen Fröschen. Andere kleine Lebewesen, wie z.B. Molche, werden eher selten
erbeutet.
Verbreitung und Lebensraum
Der Eisvogel ist ein verbreiteter Brutvogel in nahezu ganz Europa (mit Ausnahme von Island, dem Norden von Großbritannien, dem überwiegenden Teil von Skandinavien und dem nördlichen Russland)
sowie in Teilen von Nordafrika und in großen Gebieten Asiens bis nach Japan.
Er nistet in steilen Uferwänden meistens unmittelbar an Fließ- oder Stehgewässern, gelegentlich auch weit vom Gewässer entfernt.
Die besetzte Brutröhre ist an den öligen, weißen Kotspuren unterhalb des Eingangs zu erkennen. Vor allem die Jungen beginnen schon bald nach dem Ausfliegen mit Streuungswanderungen. Die Weibchen
wandern relativ stärker als die territorialen Männchen.
Während der Wintermonate verstreichen die Eisvögel des Rheinlandes gerne von den Ober- und Mittelläufen der Fließgewässer an die unteren Gewässerabschnitte. Die Wanderungen der Zugvögel aus den
nordöstlichen Brutgebieten Europas verlaufen über weite Strecken, teilweise bis in den Mittelmeerraum. Die stärkste Wanderintensität findet vom Spätsommer bis Oktober statt. Die Brutreviere
Mitteleuropas werden schon im Winter besetzt, regelmäßig ab Februar. Die Männchen treffen vor den Weibchen ein. Brutortstreue ist nachgewiesen.
Bestand und Bestandsschwankung
Für Deutschland wurde der Brutbestand für das Jahr 2005 mit 5.600 bis 8.000 Brutpaaren ermittelt. In den Jahren 1995-99 wurden für Mitteleuropa 11.000-20.000 Brutpaare und für ganz Europa
79.000-160.000 Brutpaare angenommen. Die Bestände schwanken, sind in Deutschland zurzeit weitgehend stabil, europaweit insgesamt aber mit leicht negativem Trend. Bereits LeRoi (1906) erwähnt für
das Rheinland eine Bestandsabnahme infolge menschlicher Verfolgung.
Der Gesamtbestand war wohl bis zu Beginn der 50er Jahre recht gut. In der Folgezeit kam es jedoch zu drastischen Bestandsabnahmen, die ihre Ursachen sowohl in menschlicher Einflussnahme als auch
in ungünstiger Witterung während des Winters gehabt haben.
Auch KNORR (1967) hat über eine starke Bestandsabnahme im damaligen Kreis Erkelenz während der „letzten 3 Jahrzehnte“ (nur noch 3 Brutpaare) berichtet und als Gründe für diese Entwicklung
menschliche Nachstellungen, Verunreinigung von Gewässern, Begradigung von Flussläufen und Zuschütten von Sand- und Tongruben genannt. Aktuell hat sich der Eisvogelbestand wieder etwas
erholt,nachdem seit längerer Zeit kaum noch strenge Winter aufgetreten sind und die Fließgewässer sauberer geworden sind.
Fortpflanzung
Die Geschlechtsreife des Eisvogels tritt bereits im 1. Lebensjahr ein. Die Ankunft im Brutgebiet erfolgt bei uns regelmäßig schon im Februar, in milden Wintern auch früher. Der Bau der Brutröhre
von bis zu 90 cm Länge, an deren Ende ein Kessel von 1617 cm Durchmesser gegraben wird, wird von beiden Altvögeln durchgeführt. Die Eier werden auf bloßen Untergrund oder Speiballreste gelegt.
Legebeginn ist frühestens die erste Märzdekade. Das Gelege kann bis zu 7 Eier umfassen. Die Brutdauer beträgt 18 – 23 Tage. Die Nestlingszeit beträgt meistens 23 -27 Tage. Die Jungen jagen
bereits wenige Stunden nach dem Ausfliegen selbstständig.
Danach bleibt die Familie meistens weniger als 2 Wochen zusammen. Meist finden 2, selten 3 Jahresbruten statt. Die Brutperiode endet im Juli/August, selten später. Als maximales Alter des
Eisvogels wurden bislang 21 Jahre nachgewiesen.
Historisches
Über den Eisvogel wusste man bereits in der Antike und im Mittelalter relativ gut Bescheid. Allerdings gab es auch einige Auffassungen, die aus heutiger Sicht eher dem Bereich des Aberglaubens
zugerechnet werden können. So hieß es in Conrad Gesners Vogelbuch (1555),dass sein Fleisch nicht faule, „wann er gleich todt ist“. Sein Herz, am Hals getragen, sei gut gegen Not und
Gift.Tuchhändler legten seine Haut auf Tuche, um Schaben zu vertreiben. Häuser mit einem Eisvogelnest seien vor Blitzschlag gefeit. Im übrigen soll der Eisvogel einen lieblichen Geruch, beinahe
wie „Bisem“ (Moschus), ausgeströmt haben.
In der Roten Liste der gefährdeten Vogelarten Nordrhein-Westfalens nach dem Stand von 1996 ist er in der Gefährdungskategorie
3N (gefährdet, von Naturschutzmaßnahmen abhängig) ausgewiesen. Die Ursachen für seine Bestandsabnahmen sind:
Hinsichtlich der Schutzmaßnahmen ergeben sich folgende Ziele und Forderungen:
Zum Weiterlesen:
Glutz von Blotzheim, Urs & K.M. Bauer (1980), Band 9,S.733 ff.,:Handbuch der Vögel Mitteleuropas ,Akademische Verlagsgesellschaft Wiesbaden Bauer, H.G., W. Fiedler & E. Bezzel (2006),
Band 1, 2. Auflage: Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Aula-Verlag
Mildenberger, Heinz (1984), Band 2: Die Vögel des Rheinlandes, Kilda-Verlag Greven Knorr, Edmund (1967): Die Vögel des Kreises Erkelenz, Gesellschaft für Buchdruckerei AG, Neuss.